2024
Slow Art in Entstehung und Rezeption
Dr. Contessa Roberts
Rainer Geburzyks Werke speisen sich aus mannigfachen Quellen: Sie verstehen sich als Wechselwirkung zwischen äußeren Einflüssen und inneren Prozessen, ein Interrelationship in multiplen Ebenen und Bezügen. Der Künstler verarbeitet einerseits eigene Sichtweisen, persönliche Erlebnisse und Wahrnehmungen, wie etwa das aktuelle Weltgeschehen oder Eindrücke aus der Natur, in der er viel Zeit verbringt. Andererseits entstehen gleichzeitig Interaktionen zwischen dem Künstler und dem Werk sowie ein Dialog innerhalb des Werks selbst. Dieses Zwiegespräch findet über einen längeren Zeitraum hinweg auf mehreren Ebenen statt:
- durch das Übereinanderlegen mehrerer durchlässiger Farbschichten
- als Prozess der gegenseitigen Beeinflussung der Farben untereinander
- als Interaktion zwischen den einzelnen Schichten
Diese Schichten bleiben dabei häufig porös – um mit den Worten Rainer Geburzyks zu sprechen – „durchlässig wie Haut“ und „erzeugen einen inneren Klang“, den er mit Musik vergleicht. Musik kann ebenfalls einen Faktor bei der Entstehung der Arbeiten darstellen. Sie wird meist als Atmosphäre im Raum eingesetzt, gelegentlich auch mit einer gezielten Auswahl.
Rainer Geburzyk konzipiert seine Arbeiten ausdrücklich als offene Kunstwerke. Er möchte die Besucherinnen und Besucher dazu einladen, eigene Assoziationen und Vorstellungen zu entwickeln.
Diese können zum Beispiel durch verschiedene Distanzen und Perspektiven des Betrachters noch erweitert werden. Durch das allmähliche Herantasten an das einzelne Werk entstehen wiederum auch beim Betrachten sehr differenzierte, komplexe Inhalts- und Bedeutungsebenen, nicht selten verbunden mit überraschenden Entdeckungen. Slow Art in Entstehung und Rezeption!
In der Ausstellung selbst bilden sich darüber hinaus weitere Inhaltsebenen:
- So schafft Rainer Geburzyk in einer Reihe von neuen Arbeiten einen leuchtenden Spannungsbogen zwischen intensiver Aufladung und tiefer Regeneration (rot – blau – gelb – blau).
- Insbesondere die dunkel gehaltenen Arbeiten entwickeln durch ihre Tiefe eine sogartige Wirkung, die in faszinierendem Kontrast zu einer weiteren Reihe von Kompositionen aus Blau- und Grüntönen steht, welche eine überaus erfrischende helle Strahlkraft entwickeln.
- Ein zusätzliches Element der meisten Arbeiten besteht außerdem in der Verwendung der Senkrechten, die als Linien nach oben und unten offen und ins Unendliche verlaufen und dadurch weitere räumliche Bezüge herstellen.
Je nach Standort bilden sich also immer wieder neue Verknüpfungen und Interaktionen im Raum.
In Rainer Geburzyks Œuvre verbinden sich komplexe Fragestellungen mit abstrahierter Formen-sprache. Seine Arbeiten sprechen mit ihrer stofflichen und inhaltlichen Tiefgründigkeit nicht nur die Sinne, sondern zugleich Emotionen und Verstand an.
2022
Es geht nicht um die glatte, perfekte Oberfläche
Lisa Schorr
Keine Menschen, kein Motiv, keine Materialschlacht, keine Perspektive. Es sind die Farben, die den Künstler Rainer Geburzyk beschäftigen. Dafür wählt er Aquarell- oder Acrylfarbe. Auf Leinwand oder Papier.
Sein Format ist das Rechteck. Damit schließt der Künstler sämtliche Motiv- Assoziationen aus; setzt den Fokus auf die Farbe und deren Dialog.
Er schichtet. Farbschicht um Farbschicht. So gelangt er zu seinen Farbflächen-Ordnungen, deren Oberflächen nie ganz geschlossen werden. Es geht nicht um die glatte, perfekte Oberfläche vielmehr um das Suchen der „Farbenseele“.
Die entstehenden Farbfelder Grenzen sich voneinander ab oder Rahmen sich gegenseitig ein. Gelegentlich lässt sich eine Linie erahnen, die sich schnell wieder in die Farbfelder zurückzieht.
Auch seine Fotografien sind mit dieser kompositorischen Strenge, Klarheit und Kontemplation gekennzeichnet. Es sind Motive aus dem Alltäglichen, welche mit einem scharfen präzisen Auge eingefangen werden und plötzlich ihrer verspielten Beweglichkeit enthoben sind. So werden diese Alltäglichkeiten zu malerischen Fotografien.